Lieber Gernot Schwendtner, Du bist nach einer erfolgreichen Karriere mit digitalen Geschäftsmodellen innerhalb von eher traditionsreichen Unternehmen zu einem digitalen Startup gekommen und jetzt schon seit vier Jahren leidenschaftlicher Unternehmer für digitales Wachstum. Welche Bedeutung hat in dem Kontext für Dich ein Notizbuch?
Gernot (lacht): Das Notizbuch ist eine Unterstützung für meine mentale Leistung. Es hat einfach eine eigene Kraft, etwas zu Papier zu bringen. Ich könnte zum Beispiel bei Kunden-Besprechungen nicht digital notieren, sondern schreibe lieber so mit. Dieser Kontext ist zu intim für digitale Notizen.
Grundsätzlich arbeite ich hybrid, also organisiere mich auch gerne digital. Es gibt allerdings Situationen, in denen ich gerne schreibe und auch zeichne oder skizziere. Diese Vorgehensweise unterstützt meine Kreativität.
Inwiefern unterstützt diese Art von Notieren Deine Kreativität?
Gernot: Ich bin freier in meiner Ausdrucksweise, wie ich etwas visualisieren kann, zum Beispiel das Skizzieren von Modellen oder Zusammenfassungen. Oft ist es besser, wenige Worte zu verwenden und stattdessen zu zeichnen oder mit Symbolen zu arbeiten.
Auch für meine wöchentlichen To-Dos nutze ich gerne ein Notizbuch. Denn ich will sie abhaken können (lacht). Auch wirklich wichtige Dinge schreibe ich mit der Hand. Beim Schreiben kann ich mit meinen Gedanken experimentieren.
Du hast vorhin angesprochen, dass digitale Notizen in intimen Situationen nicht passen. Wie meinst Du das genau?
Gernot: In manchen Situationen passt es einfach nicht, dass ich den Laptop aufklappe und damit ja automatisch eine Barriere erzeuge. Handgeschriebene Notizen sind dann viel natürlicher.
Aber es gibt ja auch schon digitale Varianten, um dieses natürliche Schreiben in die digitale Welt zu übersetzen, zum Beispiel das Produkt von Remarkable. Es wird irgendwann die Transition kommen zu einer Lösung, die das haptische Erlebnis vollständig nachbildet. Das wird „leider“ passieren. Ich warte für meinen Umstieg auf das richtige System.
Warum glaubst Du an die komplett digitale Lösung zum Notieren und sagst gleichzeitig, dass das „leider“ kommen wird?
Gernot: Das ist meiner DNA geschuldet (lacht). Ich bin analog groß geworden und habe meine berufliche Laufbahn bei Zeitungen, also im Printbereich, gestartet. Dort war ich allerdings immer für digitale Themen zuständig.
Mit digitalen Notizen habe ich alles immer beisammen. Das ist der Nachteil eines Notizbuchs, dass ich es verlieren kann. Das ist mir allerdings noch nie passiert. Und für diesen Fall habe ich darin meinen Namen und meine Telefonnummer notiert und den Hinweis, dass es als Finderlohn eine gute Flasche Wein gibt (lacht).
Was steht auf der ersten Seite Deines Notizbuchs?
Gernot (lacht): Das muss ich jetzt nachschauen (schlägt sein Notizbuch auf). Da ist eine Zeichnung… ganz ungewöhnlich. Und danach kommen sehr persönliche Notizen und Gedanken (liest). Und auch meine Ängste (überrascht), komme ich gerade drauf. Und dann sehe ich hier noch Notizen und eine Zusammenfassung von einem Buch mit wichtigen Learnings.
Warum ist die Zeichnung auf Deiner ersten Seite ungewöhnlich?
Gernot: Ich zeichne selten.
Du hast auch gerade festgestellt, dass Du Ängste niedergeschrieben hast. Warum?
Gernot: Genau solche Dinge bringt man zu Papier und gibt ihnen damit Raum. Ängste können sich dann auflösen. Intentionen können sich energiemäßig verwirklichen.
Deshalb schreiben viele Leute Tagebuch. Ich mache das auch ab und zu, Journaling, allerdings nicht regelmäßig. Ich habe das schon vor fünfzehn, zwanzig Jahren kennengelernt.
Wir verstehen das Notizbuch als Begleiter, um große Ziele zu erreichen. Welches große Ziel hast Du schon in Deinem Leben erreicht?
Gernot: Ich bin gesund. Das ist sehr viel wert gerade in der jetzigen Zeit. Und das ist Gott sei Dank ein Grundzustand und nicht nur ein Ziel.
Ich arbeite international, ich habe viele Leute kennengelernt. Meine Bekanntschaften haben mich viel unterstützt bei meinem Wachstum. Growth ist ja genau das, was ich anbiete. Ich beschäftige mich damit, wie ich anderen bei ihrem Unternehmenswachstum helfen kann. Und gleichzeitig auch damit, wie ich in diesem Zusammenhang selbst wachsen kann.
Ich habe das Glück, dass ich schon viele Businesses aufbauen durfte. Jetzt sogar als Entrepreneur. Dafür bin ich sehr dankbar.
Ich habe nicht die klassischen Ziele wie viele andere Leute: Haus bauen, ein großes Auto kaufen.
Mein ganz persönliches Ziel in meinem Leben ist, so viel Tiefschnee fahren zu können, wie nur möglich (lacht).
Du hast dankbar sein erwähnt. Was bedeutet Dankbarkeit für Dich?
Gernot: Dankbarkeit relativiert vieles für mich. Ich bin extrem ungeduldig. Oft nagen Kleinigkeiten in mir. Dann muss ich mir nur zwei Dinge vergegenwärtigen. Erstens der Drive, der mich antreibt. Zweitens ist es wichtig, wenn ich im Kopf drei Jahre voraus bin, dass ich mir den Spiegel vorhalte. Dass ich mich frage, wo bist du gerade?
Welche Deiner Stärken haben Dich dorthin gebracht, wo Du jetzt bist?
Gernot: Neugier. Auf jeden Fall Neugier. Und das kann man auch übersetzen in Offenheit. Anders ausgedrückt, ich bin schnell gelangweilt. Ich habe ständig den „need for variety“. Das ist manchmal sehr fordernd. Ich habe gerne viel zu viel auf meinem Teller, zu viele Projekte gleichzeitig. Ich brauche dann andere Leute, um das zu strukturieren.
Meine Neugierde und Offenheit lassen mich Gelegenheiten erkennen bei Dingen, die gerade nicht so lustig sind. Ich versuche immer Opportunities zu sehen trotz Challenges.
Eine solche Challenge war das Startup, bei dem ich zuletzt gearbeitet habe. Ich war nach drei Jahren nicht mehr happy und habe nicht gewusst, wie es weitergeht. Gleichzeitig habe ich diesen Zustand genutzt als Opportunity für den Gedanken, ob ich jetzt wirklich etwas Eigenes starten soll. Dieses Bedürfnis habe ich mit meinem Geschäftspartner Florent schon länger gespürt.
Welches große Ziel möchtest Du noch erreichen?
Gernot (lacht): Viel Tiefschnee Fahren habe ich schon angesprochen. Ich möchte noch viele neue Kulturen und Ecken auf der Welt kennenlernen.
Beruflich möchte ich weiterhin an spannenden Projekten mit weGrow arbeiten und in spannende Startups investieren. Ich habe extrem viele Ideen. Und ich möchte nicht im Daily Business gefangen bleiben. Ich möchte gerne „überflüssig“ werden. Der Erfolg soll nicht von mir selbst abhängig sein. Ich möchte meinen Fokus auf das große Ganze richten, an der Firma arbeiten, nicht in der Firma arbeiten.
Welche Deiner Stärken werden Dir dabei helfen, dieses Ziel zu erreichen?
Gernot: Vertrauen in andere Menschen (denkt nach). Delegieren … und Inspiration.
Und wie lässt Du Dich inspirieren?
Gernot: Auf verschiedene Weisen. Ich spreche mit vielen Leuten. Ich lese gerne verschiedene Bücher zu verschiedenen Themen. Ich bekomme extrem viel Inspiration von Unternehmerinnen und Unternehmern, mit denen ich zusammenarbeite.
Ich habe schon mit fünfzig verschiedenen Unternehmen zusammengearbeitet. Ich kann von jedem lernen, was hat funktioniert und was weniger. Das ist mein Business und macht mir sehr viel Spaß.
Was steht auf der letzten Seite Deines Notizbuchs?
Gernot (blättert): Schauen wir ‘mal nach (lacht). Noch ist die letzte Seite leer.
Ich finde gerade eine Notiz von vorhin, wo ich in der Hitze des Gefechts zu schreiben begonnen habe … Das ist die Wahrheit (lacht).
Lieber Gernot, vielen Dank für das offene Gespräch und Deine Leidenschaft für das, was Du tust.
Gernot Schwendtner lebt mit seiner Freundin in Amsterdam, liebt das Schifahren und ist gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Florent Coudyser Unternehmensberater für internationales Wachstum und Expansion. Gemeinsam mit dem 15-köpfigen weGrow-Team bieten die beiden Wachstumsberatung und Personal-Services mit den drei Säulen Markets, Talents/Staffing und Capital/Funding. weGrow International arbeitet mit vielen bekannten Startups und vor allem Scaleups in Deutschland, Österreich, Niederlande, Frankreich, Nordics, USA und dem Rest von Europa.
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