Charakter der Woche: Claudia Hilmbauer

Liebe Claudia Hilmbauer, Du bist Content Creator, hast Dein eigenes Unternehmen Chill Media, betreibst das online Reisemagazin The Chill Report sowie einen Podcast. Du hast ein Buch geschrieben (Vegetarisch mit Speck), verwendest seit 1998 durchgängig ein Notizbuch und schreibst alles handschriftlich mit. Welche Bedeutung hat für Dich ein Notizbuch?

Claudia: Ich verwende sogar mehrere Notizbücher. Sie haben eine sehr große Bedeutung für mich, sie sind meine externe Festplatte und helfen mir, Gedanken zu ordnen. Alles, was ich nicht aufschreibe, vergesse ich tatsächlich – bis auf Dialoge, die behalte ich jahrzehntelang Wort für Wort im Kopf. Mir reicht es nicht, wenn ich Notizen in mein Handy tippe oder mir einfach vornehme, mir etwas Bestimmtes zu merken. Ich muss alles notieren. Wenn ich mir etwas aufgeschrieben habe, dann merke ich es mir auch lange Zeit. Bei mir braucht es im „Merkvorgang“ das Niederschreiben, sonst funktioniert er nicht.

Du hast gerade erwähnt, dass Du mehrere Notizbücher gleichzeitig verwendest. Wofür verwendest Du sie?

Claudia: Ich habe immer ein sehr schönes für mein Tagebuch. Das schreibe ich seit 1998 durchgängig. Dafür suche ich mir immer etwas Besonderes aus, da es hochwertig sein soll. Daneben verwende ich mehrere, das heißt meistens zwei Notizbücher für meine Arbeit. Eines habe ich für meine To Do-Listen und eines für diverse Informationen und Recherche-Notizen.

Wie sieht Dein Tagebuch aus, das hochwertiger ist?

Claudia: Ich habe immer ein anderes. Ich habe mir überlegt, ob es schön wäre, für mein Tagebuch immer das gleiche zu kaufen, weil es im Regal einheitlich aussehen würde, aber es gibt so viele tolle Notizbücher. Sie sind zu 90 Prozent mit einem Hardcover und haben ein besonders schönes Muster oder einen besonders schönen Spruch auf der Vorderseite. Das ist mir wichtig, da ich es für meine persönlichen Gedanken verwende.

Was steht auf der ersten Seite von Deinem Tagebuch und Deinen anderen Notizbüchern?

Claudia: Es ist immer das Datum vom ersten Eintrag. Zudem steht da meistens noch ein Spruch, etwa mein Motto „Ich kann, weil ich will, was ich muss.“ Das steht vor allem im Notizbuch für die To Do-Listen auf der ersten oder zweiten Seite als Erinnerung. Anders ausgedrückt heißt das, dass man nur seine Einstellung ändern muss, wenn man denkt, etwas nicht zu können oder zu schaffen. Man muss es wollen, dann kann man’s auch. Ich brauche das. (lacht)

Wie gestaltest Du Deine Notizen insgesamt?

Claudia: Ich mache meine Notizen immer in Schreibschrift und chronologisch. Ich mag es zum Beispiel nicht, Seiten auszulassen. Ich schreibe das Notizbuch von Anfang bis Ende durch und wenn es aus ist, kommt ein neues dran.

Du bist Reisejournalistin und vielfältig tätig. Welche großen Ziele hast Du in Deinem Leben schon erreicht?

Claudia: Mein größtes erreichtes Ziel ist, dass ich mich im Juni 2018 vom Angestelltenverhältnis gelöst habe, um mich selbständig zu machen. Ein derartiger Schritt ist sicher immer mit etwas Zukunftsangst verbunden, aber es ist bei mir so gut gegangen, dass ich jeden Tag wahnsinnig dankbar dafür bin. Ich kann mein Leben ganz frei gestalten. Ich bin gerade in einem Luxus-Chalet, sitze hier mit meinem Laptop, weil es gerade regnet, und schreibe über eine wunderschöne Bergumgebung. Allein diese Freiheit zu tun, was ich will und wann ich es will, ist schon ein Riesenziel, das ich erreicht habe. Deswegen ist vielleicht alles, was jetzt kommen wird, vergleichsweise kleiner in Bezug auf den Mut, den es für den Schritt in die Selbstständigkeit braucht.

Wie hast Du diese Entscheidung getroffen?

Claudia: Es war für mich ein langer Prozess. Ausschlaggebend war der Umstand, dass ich als angestellte Reisejournalistin oftmals mit der Erwartungshaltung von Medienhäusern konfrontiert war, den Privaturlaub für Recherche-Reisen zu nutzen. Es fehlte oft das Verständnis, dass man eine gute Reisereportage nicht am Schreibtisch schreiben kann, sondern dafür reisen muss. Pressereisen sind außerdem das Gegenteil von einem Privaturlaub. Sie sind Arbeit an einer tollen Location, aber Arbeit. Das war der Moment, wo ich das erste Mal über die Selbständigkeit nachgedacht habe. Ich habe viel mit meiner Mutter darüber gesprochen. Sie ist seit ungefähr 25 Jahren selbständig und hat zu mir gesagt: „Mache es einfach. Wenn du gerne machst, was du tust, dann machst du es gut. Und wenn du es gut machst, brauchst du dir um Geld nie Gedanken machen.“ Es hat total gestimmt. Ich hatte meinen ersten Auftrag als freie Reisejournalistin 20 Minuten, nachdem ich meine Kündigung ausgesprochen hatte. Ich bin jeden Tag so froh, dass ich das gemacht habe. 

Welche Deiner Charakterstärken haben Dir aus Deiner Sicht dabei geholfen, diesen Schritt zu machen und damit erfolgreich zu sein?

Claudia: Ich bin sehr kommunikativ und zielstrebig. Ich habe immer den Willen etwas durchzuziehen, wenn ich es erst einmal angefangen habe. Ich glaube, das braucht es dafür. Ebenso ein bisschen Urvertrauen, dass schon alles gut gehen wird. Und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

Gibt es noch andere große Ziele, die Du bereits erreicht hast?

Claudia: Ja, mein erstes Buch, das ich geschrieben und 2019 veröffentlicht habe. Mein nächstes Ziel ist es, einen Verlag für mein zweites Buch, einen Roman, zu finden. Und ich möchte irgendwann gerne ein Haus bauen. Ziemlich cool finde ich auch, dass ich so nebenbei auch noch den perfekten Partner gefunden habe – aber dafür kann ich nicht so viel, das war eher Zufall.

Das bringt uns gleich zu Deinen zukünftigen großen Zielen. Welche Deiner Charaktereigenschaften haben Dir geholfen, Dein erstes Buch zu veröffentlichen und welche helfen Dir beim zweiten?

Claudia: Ich denke, wieder mein Wille, etwas fertigzustellen, was ich begonnen habe. Mein Gedanke war, wenn ich schon jedem erzähle, dass ich ein Buch schreiben will, dann mache ich es auch. Ich gehe total gerne Laufen und Weitwandern und habe eine hohe intrinsische Motivation, Dinge abzuhaken, zu erreichen, zu erledigen. Wenn ich zum Beispiel einen 100-Kilometer-Marsch vorhabe, dann möchte ich nicht währenddessen aufgeben, nur weil es vielleicht gerade anstrengend ist oder mich nicht mehr freut. Das gibt es bei mir nicht. (lacht) Da braucht es einen triftigen Grund. Das zweite Buch ist ja schon fertig, da brauche ich nur noch einen Verlag. Hoffentlich helfen mir da meine kommunikativen Fähigkeiten oder mein Netzwerk. Das ist schon auch wichtig, denn viele Dinge, die man im Leben erreicht, sind letztlich Teamwork.

Was wird Dir bei Deinem Ziel helfen, ein Haus zu bauen?

Claudia: Viel, viel Geld. (beide lachen) Im Ernst: ein Grundstück, Planungsfähigkeit und Organisationstalent, dann geht’s schon los. Ich bin mir sicher, dass danach wieder etwas Neues um die Ecke kommen wird. Das ist immer so, wenn man etwas abhakt. Es ist wieder Platz im Speicher frei und damit kommt das nächste Ziel.

Wie kombinierst Du Deine handschriftlichen Notizen und Deine Arbeit am Laptop?

Claudia: Wenn ich für einen Artikel recherchiere, verwende ich den Laptop, der mir Infos ausspuckt, schreibe aber mit der Hand meine Notizen auf. Dann mache ich aus meinen handschriftlichen Notizen den Artikel. Wenn ich unterwegs bin, habe ich mein Notizbuch mit und schreibe alle meine Erlebnisse und Gedanken dort hinein. Am Ende verfasse ich wieder aus meinen handschriftlichen Notizen den Artikel.

Ich komme zu Deinem Tagebuch, das Du seit 1998 führst. Schreibst Du tatsächlich täglich etwas hinein?

Claudia: Ja, schon. Meistens ist es eine Ansammlung der Dinge, die ich gemacht oder erledigt habe. Ich hätte wahrscheinlich kein großes Problem damit, wenn jemand mein Tagebuch finden und lesen würde. Es stehen vorwiegend Erlebnisse drin, die man ohnehin auf meinem Instagram-Account in Farbe und mit Ton sehen kann. (lacht) Manchmal enthält es persönlichere Dinge, aber nicht wirklich etwas Geheimnisvolles. Ich finde es schon lustig, wenn ich mir so überlege, dass ich seit über 20 Jahren Tagebuch führe. Wenn ich zum Beispiel lese, was im Sommer 1998 im Freibad war, wer meine Freundinnen und was die Themen waren, die uns beschäftigt haben. Ich glaube, ich schreibe das einfach alles auf, damit ich dann mit 100 Jahren im Altersheim sitzen und mich über mein eigenes Leben amüsieren kann. (beide lachen)

Das heißt, Du hebst alle Deine vollgeschriebenen Notizbücher auf?

Claudia: Nur die Tagebücher. Deswegen verwende ich dafür besonders hochwertige Notizbücher. Sie nehmen ganz schön viel Platz ein. Auf Grund von akutem Platzmangel – noch habe ich ja mein Haus nicht – befinden sie sich in Kisten im Keller. Auf jeder steht feinsäuberlich drauf, welche Jahre darin enthalten sind. Mit einem Griff habe ich sozusagen das Tagebuch von März bis Mai 2003, wenn ich es denn brauche.

Was steht auf der jeweils letzten Seite in Deinen Notizbüchern?

Claudia: In den beruflichen Notizbüchern steht nur der jeweils letzte Eintrag. Wenn sich die Notizen nicht mehr auf der letzten Seite vollständig ausgehen, dann schreibe ich sie im nächsten nach dem Datum und einem Spruch gleich weiter. Beim Tagebuch achte ich darauf, dass sich ein Tag zum Schluss vollständig ausgeht. Dann kommt noch ein Gedanke zu der Periode hinzu, die meistens drei Monate umfasst. Das heißt, am Ende steht in einem Satz das Resümee für diesen Zeitraum.

Wenn Du schon so lange Tagebuch führst, kannst Du also genau einschätzen, wie viele Wochen und Monate Du es verwenden kannst?

Claudia:  Es ist schon immer wieder verschieden. Es gibt auch sehr ereignisreiche Phasen, wie zum Beispiel 12 Tage Pressereise in Australien. Dort ist einfach so viel passiert und wir haben derartig viel gemacht, dass ich die Erlebnisse am Computer getippt habe, weil es einfach viel schneller gegangen ist, als sie mit der Hand aufzuschreiben. Das habe ich anschließend ausgedruckt, ausgeschnitten und ins Tagebuch eingeklebt. Das heißt, wenn innerhalb kürzester Zeit extrem viel passiert, behelfe ich mir auf diese Art und Weise.

All Deine Erlebnisse finden auf jeden Fall in Dein Tagebuch, egal in welcher Form. Vielen Dank, liebe Claudia, für die Einblicke in Deine freie journalistische Tätigkeit und Dein Tagebuch, das Du seit über 20 Jahren führst.

Claudia ist seit 2018 freie Reisejournalistin und hat ein Jahr später ihr erstes Buch im Chill Media Verlag veröffentlicht: Vegetarisch mit Speck – Geschichten aus dem Leben einer Reisejournalistin. Das zweite wird ein Roman. Sie hebt alle ihre Tagebücher in Kisten auf und wird im hohen Alter beinahe ihr gesamtes Leben nachlesen können. Claudia lebt mit ihrem Freund in Wien.

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