Charakter der Woche: Johanna Grüblbauer

Johanna Grüblbauer in der Mitte
Liebe Johanna Grüblbauer, Du hast eine wissenschaftliche Karriere gemacht und bist Studiengangsleiterin für Medienmanagement an der Fachhochschule St. Pölten. Welche Bedeutung hat ein Notizbuch für Dich bei Deinen wissenschaftlichen und lehrenden Aufgaben?

Johanna (lacht): Ich habe versucht, mit einem digitalen Notizbuch auszukommen, aber es funktioniert noch nicht. Ich liebe einfach das Physische bei einem Notizbuch, die Haptik, das hochwertige Papier. 

Auch der Mechanismus für Suchen und Finden ist hier ganz anders. In der digitalen Umgebung arbeitet man mit Ordnern und Keywords. 

In einem Notizbuch aus Papier kann ich querblättern über die geschriebenen Worte, mich inspirieren lassen. Ich bin visuell orientiert und wenn ich etwas suche, dann habe ich ein bestimmtes Seitenbild oder Schriftbild im Kopf. Das fehlt mir in der digitalen Welt. Mit Papier bin ich viel freier in der Gestaltung, wie ich eine Notiz anlege. Ich kann visuelle Anker setzen.

Du hast die Stichworte Seitenbild und Schriftbild angesprochen. Was beeinflusst aus Deiner Sicht beim Schreiben, wie die Seite letztendlich anmutet?

Johanna: Also zunächst sind die Seiten sehr unterschiedlich je nachdem, wieviel Zeit ich beim Schreiben hatte. Das Schriftbild sieht anders aus, wenn ich schnell etwas notiere im Vergleich dazu, wenn ich überlege und ein Konzept erarbeite.

Und dann hat jede einzelne Seite ihren ganz eigenen Charakter. Neben der Zeit ist das abhängig von der Art des Themas, dem Stift, der Stiftfarbe und natürlich der eigenen Stimmung und von dem Moment, den man gerade festhält.

Die erste Seite ist zum Beispiel immer schöngeschrieben. Ich warte auf den richtigen Moment, um ein neues Notizbuch zu beginnen. Da habe ich dann genug Zeit. Später entstehen dann Notizen, die oft schwer zu entziffern sind. Manchmal bearbeite ich sie nachträglich, um sie später ja noch lesen zu können (lacht).

Wie genau bearbeitest Du Deine Notizen nach?

Johanna: Ich ziehe einzelne, wichtige Worte nach, damit ich sie leserlich mache. Und bei Büchern kann man auch Eselsohren machen (lacht). Seiten mit einem Eselsohr brauche ich öfter oder ich möchte mich an sie erinnern. Wenn das dann nicht mehr der Fall ist, biege ich das Eselsohr wieder zurück.

Was steht auf der ersten Seite Deines Notizbuchs?

Johanna: Der Buchblock ist ja mit dem Vorsatzpapier verklebt, das den Einband mit den Seiten verbindet. Und genau diese Vorsatz-Doppelseite beim Aufschlagen verwende ich gerne, um Post-its zu platzieren für wichtige und dynamische Notizen. Diese Post-its kann ich entfernen, wenn sie abgearbeitet sind, oder einfach übersiedeln oder im Notizbuch zurücklassen, wenn es ausgeschrieben ist.

Wir verstehen das Notizbuch als wichtigen Begleiter, um Ziele zu erreichen. Welches große Ziel hast Du in Deinem Leben schon erreicht?

Johanna: Ich habe einen Job, der mir Spaß macht und den ich sehr gerne mache. Er bringt mir Abwechslung, oft jeden Tag etwas Neues. Und ich kann mitgestalten. So überarbeite ich zum Beispiel gerade das Curriculum des Studienganges Medienmanagement.

Ich habe nie einen Karriereplan mit einem bestimmten Jobziel gemacht. Ich bin einfach über meine Lehrtätigkeit, die Wissenschaft und forschende Arbeit dazugekommen. Ich habe meine Ausbildung hier an der Fachhochschule abgeschlossen und bin dann für ein Projekt von meiner früheren Studiengangsleiterin aus der Wirtschaft „zurückgeholt“ worden. Diesem Forschungsprojekt sind viele weitere gefolgt. Und im letzten Jahr habe ich die Studiengangsleitung übernommen.

Welche Deiner Charakterstärken hat Dir dabei geholfen, zu Dieser Position zu kommen?

Johanna: Neugierde und Begeisterungsfähigkeit. Ich liebe die Abwechslung und habe daher mit den ständig neuen Aufgaben und Herausforderungen gut umgehen können. Ich konnte nie zweimal dasselbe machen. Aber auch mein Durchhaltevermögen hat mir geholfen.

Und: Es braucht immer auch Glück dazu. Man beeinflusst solche Möglichkeiten ja nicht nur selbst, sondern es gehören Timing oder das richtige Team dazu. Man kann die richtigen Charakterstärken einsetzen, aber wenn einfach nicht die Zeit für etwas ist… Und genau dafür braucht man Durchhaltevermögen.

An welches Beispiel denkst Du hier? Wann war nicht der richtige Zeitpunkt für Dein Vorhaben?

Johanna: Bei Forschungsanträgen passiert das. Manchmal ist einfach das Timing falsch und man bekommt, obwohl alles gut zusammenpasst und die Forschungsfrage wichtig ist, keine Genehmigung. Später geht der Antrag dann vielleicht durch.

Welches nächste große Ziel möchtest Du gerne erreichen?

Johanna: Ich bin gerade im Homeoffice. Und wenn ich da so aus dem Fenster schaue, dann ist das wohl mein Garten (lacht). Hier ist sehr viel alter Baumbestand. Die Flächen dazwischen lassen sich noch sehr gut gestalten. Da werde ich über den Sommer einen langen Atem brauchen.

Welche Art von Garten möchtest Du hier gerne gestalten?

Johanna: Ich möchte gerne einen Nutzgarten und Genussgarten. Ich möchte zwischendurch einmal durch den Garten gehen und mir Inspiration und neuen Mut holen.

Und was brauchst Du dafür?

Johanna: Blumen (lacht)! Die Bäume sind ja schon da. Es riecht hier so gut nach Nadelbäumen. Und dann brauche ich natürlich ein bisschen Kreativität und Vorstellungsvermögen.

Meine Gartenideen muss ich unbedingt zeichnen. Mein räumliches Vorstellungsvermögen alleine reicht hier nicht. Ich werde aufzeichnen, welche Flächen ich bepflanzen möchte und mir weitere Gedanken für einzelne Flächen machen. Daraus wird dann eine Liste für das Einkaufen entstehen (lacht), die ich natürlich auch notiere.

Du benötigst ein Notizbuch für Deinen Wunschgarten. Das ist eine schöne Verbindung.

Johanna: Ja, ich mache hier ja etwas mit den Händen. Das passt gut zusammen.

Ich habe einmal einen Buchreparatur-Workshop gemacht. Ich habe von meinem Großvater alte Bücher bekommen, die restauriert werden mussten. Dazu habe ich in einem Kloster einen Kurs besucht, um das selbst machen zu können. Vorab mussten wir aber lernen, ein Buch selbst zu binden – so sind meine ersten handgemachten Notizbücher entstanden.

Wie hast Du Deine selbst gebundenen Notizbücher verwendet?

Johanna: Ich habe sie hergeschenkt und für besondere Anlässe aufgehoben.

Verwendest Du Notizbücher für Privates und Berufliches getrennt?

Johanna: Ja, das ist bei mir zwingend getrennt. Mein privates Notizbuch kommt nicht in meine Handtasche (lacht). Unterwegs habe ich immer mein normales Notizbuch dabei.

Wofür verwendest Du Deine Notizbücher?

Johanna: Mein berufliches Notizbuch verwende ich in der Lehre zum Beispiel für Feedbacks bei Präsentationen meiner Studierenden. Auch bei persönlichen Zwiegesprächen fände ich es sehr störend, auf dem Laptop mitzuschreiben. Hier eignen sich meines Erachtens handschriftliche Notizen einfach besser.

Und privat habe ich derzeit kein Notizbuch in Verwendung. Ich habe momentan zu viele Aktivitäten, zu viel zu tun. Da komme ich nicht zum Schreiben. Und Schreiben bedeutet auch Reflektieren, dafür brauche ich ausreichend Zeit.

Was steht auf der letzten Seite Deiner Notizbücher?

Johanna (lacht): Ich schreibe sie selten aus. Meistens liegt schon das nächste Notizbuch bereit. Und mein Beruf ist ja durch Semester organisiert. Mit Semesterbeginn habe ich dann immer wieder einen Neuanfang, wo sich ein neues Notizbuch anbietet.

Nach welchen Kriterien wählst Du Deine neuen Notizbücher aus?

Johanna: Zunächst einmal nach dem Cover. Das sollte nicht gleich mit den anderen sein, sondern individuell. Limited Editions funktionieren gut bei mir (lacht). Die Textur des Umschlags ist mir wichtig und auch die Farbgestaltung. Ich habe unlängst ein Notizbuch mit Holzumschlag gesehen. Das finde ich spannend und eine schöne Abwechslung.

Wichtig ist auch, wie sich die Seiten anfühlen. Sie dürfen nicht zu dünn sein. Und es kommt darauf an, wofür ich das Notizbuch verwende. Auf Büttenpapier mache ich gerne Skizzen mit Bleistift. Diese Art von Papier verlangsamt sehr stark. Glatt gestrichenes Papier brauche ich für normale Notizen. Die müssen sich auch schnell schreiben lassen.

Was beobachtest Du bei den Studierenden? Arbeiten sie nur noch mit Laptop und Tablet oder schreiben sie auch noch mit der Hand mit?

Johanna: Laptops und auch Tablets sind sehr verbreitet. Die Studierenden schreiben gerne digital direkt auf die Vorlesungsunterlage, die sie ja auch digital zur Verfügung gestellt bekommen. Für handschriftliche Notizen werden gerne Collegeblöcke verwendet.

Hat das digitale Mitschreiben aus Deiner Sicht Auswirkungen auf den Lernerfolg?

Johanna: Es gibt weniger Ablenkung am Block. Hier ist sie nicht einen Klick entfernt (lacht). Ich denke auch, gerade visuelle Typen behalten die handschriftliche Notiz besser im Kopf.

Allerdings hat die Homeoffice-Situation dazu geführt, dass mehr vom Bildschirm gelernt wird. Hier kann man zum Beispiel Whiteboards gut teilen.

Am Bildschirm lernt man einfach anders. Und die Studierenden sind Digital Natives. Das darf man nicht vergessen. Für sie sind die Bildschirmgeräte eine Selbstverständlichkeit. Insbesondere das Tablet ist beliebt, da es hybrid ist: digital und man schreibt mit einem Stift darauf. Das kann der Laptop nicht leisten.

Bei den wissenschaftlichen Arbeiten merke ich auch die alternative Herangehensweise bei der Themenrecherche, die die digitale Welt bietet. In Büchern werden die Kapitel nach dem Thema gescannt. Digital arbeitet man eher mit der Keyword-Suche. Da kommen andere Ergebnisse heraus. Manche Kapitel werden dadurch einfach übersehen. Auf der anderen Seite findet man mit den Keywords Input, den man mit der Kapitelrecherche so nie aufgespürt hätte.

Liebe Johanna, vielen herzlichen Dank für das Aufspüren des Charakters von beschriebenen Papierseiten und für Deine Anregungen zur Suche und Recherche in Notizen und in der digitalen Welt.

FH-Prof. Mag. (FH) Dr. Johanna Grüblbauer studierte an der Fachhochschule St. Pölten Medienmanagement und leitet diesen Studiengang seit 2020. Sie ist seit vielen Jahren wissenschaftlich tätig und nutzt hier die Vorteile von digitalen Tools und traditionellen Methoden gleichermaßen. Johanna wohnt in der Nähe von Wels seit kurzem in einem Haus mit schönem Garten.

Foto: Johanna Grüblbauer in der Mitte

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