Liebe Sigrun Hochenegg, Du bist immunonkologische Lungenkrebs-Beraterin für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und hast damit eine bedeutsame Informationsaufgabe. Welche Rolle spielt in diesem Kontext ein Notizbuch für Dich?
Sigrun: Es ist mein wichtigstes Arbeitswerkzeug. In meinem Beruf bündle ich Informationen, bereite sie auf und gebe sie wieder. Während eines Ärzte-Gesprächs schreibe ich alle Informationen von meinem Gegenüber mit und natürlich alle Todos, offenen Punkte und weitere Themen. Das Notizbuch ist so wie mein zweites Gehirn beim Arbeiten.
Auch bei Kongressen schreibe ich alles mit. Da ist es extra wertvoll, immer mein Notizbuch dabeizuhaben, wo alle Informationen gebündelt drinnen stehen. Das Notizbuch steht dann für einen bestimmten Zeitabschnitt und wenn es ausgeschrieben ist, weiß ich, dass die Informationen in meinem Fachbereich nicht mehr aktuell sind.
Und mit den ausgeschriebenen Notizbüchern kann ich nachverfolgen, wie die Entwicklung der Wissenschaft in meinem Arbeitsbereich vorangegangen ist. Was sich alles getan hat. Das ist genial.
Ich halte in meinem Notizbuch auch fest, welche Klienten sich für welche Informationen interessieren. Dafür ist es eine wichtige Gedächtnisstütze.
Was steht dann auf der ersten Seite Deines Notizbuchs?
Sigrun: Meistens zeichne ich etwas auf die erste Seite. Ein schönes Mandala. Also etwas, was ich gerne sehen möchte beim Aufschlagen des Notizbuchs. Das mich beschwingt, meinen Spirit anregt, ein Lächeln bei mir erzeugt.
Warum ein Mandala?
Sigrun: Ich habe von klein auf Mandalas gezeichnet. Muster. Figuren. Dieses Vollkommene, Abgeschlossene, das inspiriert mich. Ich verstehe total, dass die Buddhisten stundenlang mit einem Mandala verbringen (lacht). Es ist dann fertigt, wenn es sich fertig anfühlt.
Wann malst Du dieses Mandala in Dein Notizbuch?
Sigrun: Wenn ich mich konzentriere. Ich beginne mit einem Kringel. Bei einem Meeting male ich dann immer weiter, während ich zuhöre. Das Zeichnen ist für mich eine Strategie, die Inhalte, die ich höre, zu verarbeiten.
Neben all den Funktionen, die Du einem Notizbuch zuschreibst, ist es für uns auch ein Begleiter, um Ziele zu erreichen. Welches große Ziel hast Du in Deinem Leben schon erreicht?
Sigrun: Beruflich habe ich schon viele Ziele in meinem Leben erreicht. Auf ein Ziel bin ich allerdings ganz besonders stolz. Ich habe im letzten Jahr die gewerberechtliche Prüfung zum Großhandel mit Arzneimittel und Giften erfolgreich abgelegt. Das war unheimlich lernintensiv. In der Zeit war ich sehr, sehr dankbar, mein Notizbuch immer dabeizuhaben. Gerade wenn eine Prüfung näherkommt, neige ich dazu, dass ich bestimmte Dinge nicht mehr abrufen kann. So ging es mir auch bei dieser Prüfung. In so einem Moment konnte ich dann immer im Notizbuch nachschlagen. Das hat mir ein gutes Gefühl gegeben.
Welche Deiner Charakterstärken hat Dir dabei geholfen, diese Prüfung zu bestehen?
Sigrun: Meine extreme Disziplin zum Lernen. Meine Selbstdisziplin ist wahnsinnig ausgeprägt. Das hat Vor- und Nachteile. Diese Selbstdisziplin bringt mich zum Ziel, hat aber auch eine scharfe Grenze zur Selbstnötigung.
Ein Beispiel dazu: Ich mache jeden Tag Morgensport, egal wie ich mich fühle. Also auch, wenn ich Kopfschmerzen habe oder mir der Knöchel weh tut. Ich mache es trotzdem, sonst bin ich den ganzen Tag unzufrieden, meinem eigenen Anspruch nicht gerecht geworden zu sein. Wenn ich es nicht mache, hängt es mir nach wie eine Laus im Gewand. Ich bin nicht geschaffen für ein gemütliches Dasein. Ich habe dieses Leistungsstreben. Wenn ich mein Vorhaben nicht umsetze, dann juckt mich die Gewandlaus (lacht).
Woher kommt diese Selbstdisziplin bei Dir?
Sigrun: Das ist eine gute Frage. Selbstzufriedenheit bedeutet für mich, gesteckte Ziele zu erreichen. Das bereitet mir ein dermaßen glückliches Gefühl, dass die Rechnung voll aufgeht für mich.
Der Schlüsselmoment dafür war meine Matura. Ich war bis dahin eine fürchterlich schlechte Schülerin im Gymnasium. Ich habe fünf blaue Briefe bekommen und dann aber mit Vorzug maturiert. Ich ging einmal am Tag laufen und den Rest vom Tag habe ich gelernt.
Meine Mutter hat in dem Zusammenhang eine wichtige Rolle gespielt. Sie hat mir gesagt, dass die Noten im Zeugnis egal sind. Aber ich sollte darauf achten, nicht durchzufallen und auf mein Maturazeugnis. Da schauen die Leute hin, wenn ich eine Stelle oder einen Ausbildungsplatz suche. Das hat Auswirkung auf meine Zukunft.
Damit ist meine Prioritätensetzung geschult worden. Meine Mutter war mir damit eine gute Beraterin, das war sie immer. Und ich habe ihren Rat ernst genommen. Auch, weil sie irgendwann meinte, dass ich das mit der Matura wohl nie hinbekommen werde. Das habe ich nicht auf mir sitzen gelassen und mir gedacht: jetzt erst recht.
Das heißt, dieser Zweifel hat Dich motiviert?
Sigrun lacht: Ja genau. Das ist so, wie wenn man „traust‘ dich nie“ zu mir sagt. Das spornt mich unheimlich an. Ich bin einmal mit einem Freund vom Fortgehen heimgekommen und da war diese fette, haarige Spinne. Und er hat diese magischen Worte zu mir gesagt, dass ich sie nie und nimmer streicheln werde. Und genau deshalb habe ich es getan (lacht).
Mit all Deiner Selbstdisziplin, welches nächste große Ziel möchtest Du gerne erreichen?
Sigrun: Ich habe während des Lockdowns viele Zielideen entwickelt. Grundsätzlich bin ich sehr glücklich in meinem aktuellen Job, den ich auch gerne weiterverfolgen möchte. Spannend wäre hier, eine neue medizinische Indikation in mein Aufgabengebiet zu bekommen.
Mit der Corona-Pandemie kamen allerdings neue Ziele. Ich habe begonnen, Norwegisch zu lernen und mein Spanisch zu intensivieren. Spanisch möchte ich auf das Niveau C1 zum Jahresende bringen. Und Norwegisch lerne ich, weil ich eine Norwegen-Reise plane und mich dort halbwegs verständigen können möchte.
Außerdem möchte ich gerne eine Goldschmiede-Ausbildung machen und mich damit handwerklich ausleben. Dieser Aspekt fehlt in meinem Job komplett.
Und auch beim Silken (Anmerkung: Aerial-Silk-Akrobatik) habe ich Ambitionen. Hier habe ich drei Freundinnen trainiert, die jetzt auf Level drei in einen Kurs einsteigen können. Das zeigt mir, dass ich hier eine gute Trainerin werden könnte. Jemand anderen mit meinem Tun weiterbringen, das ist so wertvoll.
Das wäre eine schöne Ergänzung zu meinem Beruf. In meiner Arbeit weiß ich zwar, dass mein Infosharing meinen Klienten hilft, aber das Feedback ist nicht unmittelbar. Und diese Unmittelbarkeit erlebe ich beim Silken. Es macht mir Freude, Leute zu helfen und sie die Liebe zu ihrem Körper entdecken zu lassen.
Warum sind gerade mit dem Lockdown neue Ziele für Dich gekommen?
Sigrun: Ohne Lockdown wäre ich weiterhin sehr von meinem beruflichen Tun vereinnahmt gewesen. Durch das viele Zuhause-Bleiben haben sich einfach mehr private Ziele entwickelt.
Bei all diesen privaten Zielen, die Du genannt hast, welche Deiner Charakterstärken wird Dir am meisten helfen, Sie zu erreichen?
Sigrun: Meine Begeisterungsfähigkeit. Das gilt für alle meine Ziele. Es ist schade, wenn man ein Talent, wo man es empfindet, unbeachtet lässt.
Alles interessiert mich. Ich habe für alle meine Ziele die gleiche emotionale Hingabe. Es wird sich natürlich nicht alles umsetzen lassen. Aber man muss den Samen breit streuen, wo ein Pflänzchen wachsen soll.
Du hast gerade von Talent empfinden gesprochen. Woran merkst Du, dass Du in einer Sache Talent hast?
Sigrun: Sie macht mir Freude und ich bekomme entsprechendes Feedback aus meinem Umfeld, das mir etwas gut gelingt. Wichtig ist aber, dass dieses Feedback nicht aus dem Freundeskreis kommen darf. Freunde und Familie finden ja prinzipiell alles super, was du machst (lacht).
Wenn ich meiner Mutter oder meiner Schwester misslungene Figuren beim Silken zeige, dann finden sie das ganz toll. Sie sehen gar nicht, dass aus der Figur nichts geworden ist.
Ein anderes Beispiel. Ich dichte ja ganz gerne. Das ist übrigens auch so eine Tätigkeit, bei der ich mein Notizbuch sehr schätze. Man weiß nie, wann die Muse einen küsst. Daher habe ich mein Notizbuch immer dabei. Ein Handy ist hierfür unwürdig. Wunderschöne Lyrik muss auf Papier niedergeschrieben werden.
Jedenfalls wenn ich Gedichte an meine Freunde schicke, dann sind das immer großartige Werke für sie. Aber das stimmt natürlich nicht immer. Am besten ist Feedback immer von Menschen, die mir nicht zu nahestehen. Deshalb würde ich zum Beispiel gerne einmal an einem Poetry Slam teilnehmen, um wirklich ehrliches Feedback zu erhalten (lacht).
Du hast einen informationsintensiven Beruf, Du schreibst Gedichte, lernst Vokabeln – verwendest Du hierfür verschiedene Notizbücher?
Sigrun: Ich habe ein Notizbuch für alles. Es steht für einen Lebensabschnitt. Da kommt alles hinein. Auch Einkaufslisten oder Kochrezepte (lacht). Deshalb ist ein Notizbuch bei mir auch sehr schnell ausgeschrieben. Während des Lockdowns geht es langsamer, aber sonst brauche ich alle zwei Monate ein neues.
Warum füllt sich Dein Notizbuch im Lockdown langsamer?
Sigrun: Wenn ich unterwegs bin, dann gibt es einfach mehr aufzuschreiben. Das Notizbuch ist für mich ein Instrument für unterwegs.
Was steht auf der letzten Seite Deines Notizbuchs?
Sigrun: Aktuell sind das Spanisch Vokabel. Ich drehe es einfach um, und schreibe die Vokabel hinein, die ich mir gerade einprägen möchte. Mein jetziges Notizbuch ist übrigens bald ausgeschrieben.
Nach welchen Kriterien wählst Du dann Dein neues Notizbuch aus?
Sigrun: Nach der Farbe, nach Design und auch nach dem Format. Ich nehme es ja vorrangig mit, wenn ich unterwegs oder auf Reisen bin. Da ist das Format natürlich sehr wichtig. Es darf nicht größer als A5 sein.
Liebe Sigrun, vielen Dank für die spannenden und vielseitigen Einblicke in Deine Selbstdisziplin, Dein Notizbuch und damit in Deinen Lebensabschnitt während des Lockdowns.
Sigrun Hochenegg ist Medical Science Managerin bei Bristol Myers Squibb und begeisterte Texterin und Sportlerin. Ein besonderes Hobby von ihr ist Aerial-Silk-Akrobatik, wofür sie ein Vertikaltuch in ihrer Wohnung in Wien montiert hat.
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